Das „Aus“ für den Pfarrbrief

Anmerkung der Pfarrbriefredaktion: Der folgende Artikel wurde im letzten Pfarrbrief veröffentlicht; leider wurde bei der Verarbeitung der Artikel verstümmelt. Die Pfarrbriefredaktion bittet um Entschuldigung.

Dass hier die Form eines Trauerbriefes gewählt wird, um das „Aus“ des Pfarrbriefes anzuzeigen und die Entscheidung dazu zu kommentieren, mag befremden, ist aber nicht ungewöhnlich. Todes-Anzeigen in Tageszeitungen haben beim Zeitungsleser Priorität, nicht nur beim kirchlich gebundenen; auch säkulare Leserinnen und Leser interessieren sich für solche einschneidenden Ereignisse am Ende eines Menschenlebens. Und so besteht letztlich die Hoffnung, dass die vorliegende Ausgabe dieses letzten Pfarrbriefes Aufmerksamkeit findet und nicht gleich in den Papierkorb gelangt.

„Die Pfarrbriefarbeit ist spannend, zielführend und erfüllend, wenn eine motivierte Redaktion, die idealerweise aus Menschen mit unterschiedlichen Expertisen und Fähigkeiten besteht, ihr Konzept in großer Freiheit und mit viel Zutrauen entwickeln kann. Dieses Konzept muss aber klar erkennbar sein: durch die Art des Erzählens, durch die Auswahl der Rubriken, durch das Finden und Setzen der Themen, durch eine klare Bildsprache und ein überzeugendes Layout. Gelingt dies, ist der Pfarrbrief keinesfalls ein notwendiges Übel, sondern immer noch ein überzeugendes Kommunikationsmittel am Puls der Zeit.“  – So das Fazit -kurz und knapp- aus der Pfarrbriefarbeit einer Kölner Großstadt-Pfarrei.

„Der Pfarrbrief ist ein Element der Öffentlichkeitsarbeit und der Seelsorge in der Pfarrgemeinde. Damit ist der Pfarrbrief mehr als nur eine Information über Gottesdienste und Veranstaltungsangebote. Orientiert am Gemeindeverständnis des Zweiten Vatikanischen Konzils gilt es, den Pfarrbrief als ‚Runden Tisch‘ für die Meinungen der Gruppen in der Pfarrgemeinde und der einzelnen Gemeindemitglieder zu verstehen.“ – Was das Grundlagenpapier der Deutschen Bischofskonferenz zur Pfarrbriefarbeit programmatisch formuliert, ist nicht ohne Aufwand zu haben. Viele Pfarreien scheuen diesen Aufwand nicht. Dennoch gerät dieses Medium immer wieder in die Diskussion. So auch im Seelsorgebereich Barmen-Nordost.

Wer einen Pfarrbrief erstellt, weiß um die Arbeit, die dahintersteckt. Bis das fertige Heft oder Magazin im Briefkasten landet, ist es ein weiter Weg: Redaktionssitzungen -Thematische Schwerpunktsetzung – Autorensuche – Leute, Gruppen, Vereine ansprechen – Fotosammlung sichten – graphische Darstellung entwerfen – Gestaltung am PC – Korrekturlesen – Druckereikontakte – Etikettieren der Adressen – u.v.a.m. – Austragen in die Familien. Kurz gesagt: die Herausgabe eines Pfarrbriefes ist mit viel Arbeit verbunden. Ein oder zwei Leute alleine mit diesen Aufgaben zu belasten, ist mehr als eine Überforderung.

Und doch: Warum ein Pfarrbrief den Aufwand lohnt. Was die Inhalte betrifft, weist eine nach wissenschaftlichen Kriterien durchgeführte Studie aus der Zeit vor Corona aus: Danach suchen 15 Prozent der Katholiken organisatorische Mitteilungen und Einladungen zu Gottesdiensten, Veranstaltungen und Aktivitäten der Pfarrgemeinde sowie Personalia wie Taufen – Eheschließungen – Erstkommunion – Firmung – Begräbnisse. Die anderen 85 Prozent sind auf der Suche nach dem, was Glaube und Kirche zum Gelingen des menschlichen Lebens und Zusammenlebens beiträgt. Es sind Lebensfragen, die heute die Menschen bewegen. Sie sind offen, die Lebenskonzepte anderer, die Überzeugungen von Christen zu hören und zu lesen. Der Pfarrbrief ist hier eine hervorragende Chance. Der Blick dafür, was die 85 Prozent „Kirchenfernen“ bewegt, was Kirche und Pfarrei für sie und mit ihnen tun kann, bringt den Stoff, aus dem ein interessanter Pfarrbrief für alle entsteht. Die Studie kommt ferner zu dem Ergebnis, dass der Pfarrbrief mit einer Gesamtauflage von 6,6 Mio. bis 7,5 Mio. pro Ausgabe das reichweitenstärkste Printmedium der katholischen Kirche in Deutschland ist.

Wie dem auch sei: Die vorliegende Oster-Ausgabe wird die letzte sein, die an 9000 Haushalte im Seelsorgebereich verteilt wird. In der Vergangenheit mussten schon einmal Pfarrbriefe ihr Erscheinen einstellen: Im Jahr 1923 lagen die Gründe in der Weltwirtschaftskrise und einer erheblich ansteigenden Arbeitslosigkeit, die die regelmäßige Herausgabe eines Pfarrbriefes erschwerten. 1933/34 waren es die Nationalsozialisten, die mit der Gleichschaltung aller Bereiche von Politik, Gesellschaft und kirchlichen Organisationen gemäß den nationalsozialistischen Vorstellungen ein Verbot kirchlicher Schriften erlassen hatten. Kräfte also, die von außen auf das kirchliche Leben einwirkten und es zerstören wollten. Anders ist es heute: Im Jahre 2023 liegen die Gründe im Inneren unserer Kirche sowie in einer mangelnden Bereitschaft zum Ehrenamt in unseren Gemeinden.

Fazit: Der „Tod“ des aktuellen Pfarrbriefes muss nicht etwas Endgültiges sein. „Der TOD hat keine Macht über IHN.“ Das hören wir nach dem Karfreitag in der Osterbotschaft. Nach der Auferstehung Christi sind die Apostel und Jünger aufgebrochen in eine neue Zukunft, und sie waren erfüllt vom Heiligen Geist. Ihre Botschaft war in allen Sprachen zu verstehen. „Factus est repente de caelo sonus… Plötzlich erhob sich vom Himmel her ein Brausen.“ So wird es die Schola am Pfingstsonntag singen. Dieses „Brausen“ wird in dem gregorianischen Gesang hörbar gemacht und als Aufbruch dargestellt. Vielleicht braucht es auch heute Um- oder Abbrüche, damit ein neuer Aufbruch geschehen kann. Hoffen wir auf eine „Auferstehung“ des Pfarrbriefes!

Hans-Joachim Ossé

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