Geheimnis des Glaubens, im Kreuz ist Leben

Die alte Frau zeigt auf das Kreuz und sagt: „Der da, der versteht mich.“ Da besuchst du eine Schwerkranke, versuchst sie zu trösten, machst ihr Mut und möchtest Ihr die Krankenkommunion reichen. Sie hört mir zu, unterbricht mich seufzend, zeigt auf das Kreuz neben ihrem Bett und sagt diesen Satz: „Der da, der versteht mich.“ Ich habe lange gebraucht und oft über dieses Wort nachgedacht, bis ich die Botschaft, die dahinter steckt, endlich verstanden habe. Auch wenn ich noch so sehr versuche einfühlsam zu sein, ich trete als Gesunder an das Krankenbett und ich verlasse es auch wieder als Gesunder. Der ohnmächtige Jesus in seinem Schmerz, er ist der kranken Frau wirklich nahe.

Der leidende Jesus, der Schmerzensmann, er steht heute am Karfreitag vor uns. „Mit lautem Schreien und unter Tränen“, wie es im Hebräerbrief (5,7) überliefert ist, hat der Herr Gebete und Bitten vor Gott gebracht. Ja dieser Jesus ist der kranken Frau wirklich nahe. Auch für Jesus gab es keinen Weg vorbei am Leid, am Schmerz, an der Entwürdigung, auch nicht vorbei am Tod. Der Herr hat diesen unmenschlichen Weg in den Tod auf sich genommen. Nur durch den Tod hindurch, ist ein Weg über den Tod hinaus. Auf der „Schädelhöhe“ hängt er hilflos am Galgen seiner Zeit – am Kreuz.

„Seht das Kreuz, an dem der Herr gehangen, das Heil der Welt. Kommt lasset uns anbeten.“ Das Kreuz ist das Zeichen für uns Christen und für unseren Glauben. Nicht, weil es ein schönes Schmuckstück ist, oder weil es unsere Wohnung so schön ziert, nein, weil es der Dreh und Angelpunkt unseres Glaubens ist. Im Kreuz ist das Leben.

Liebe Schwestern und Brüder, in meinem Stundenbuch habe ich ein Bild, das Johannes Paul II zeigt; in den Händen trägt er seinen Hirtenstab, der nicht mit einer Krümmung, sondern mit einem Kreuz versehen ist. Um so älter der Papst wurde, um so mehr konnte man den Eindruck gewinnen, dass er mit diesem Kreuz verwachsen sei. Manchmal hatte ich den Eindruck, dass nicht nur er das Kreuz hielt, sondern auch umgekehrt das Kreuz ihn. „Er hält das Kreuz und der Gekreuzigte hält ihn“. Das ist für mich die verborgene Wirklichkeit des Glaubens an Jesus, die befreiend in unser Leben hineinreicht. Wenn uns die Arme schwer werden und, wie wir es in diesen Tagen durch den Corona Virus erfahren, das Leben zur Belastung wird. Wenn die Sorgen zu groß sind, die Herausforderungen zur Überforderung, die Ängste zu stark werden, weil wir nicht wissen und einschätzen können, was noch kommt, dann ist Jesus für uns da, um uns festzuhalten.

Martin Luther soll einmal gesagt haben: „Entweder hängen uns die Sorgen am Hals, oder sie hängen mit Jesus am Kreuz.“ Weil der Gekreuzigte der Auferstandene ist, dürfen wir uns jeden Tag und bei allem, was auch kommen mag, mit unserem Herz und Leben an ihn hängen. Vertrauen wir darauf, dass er, als unser Bruder, auch in diesen schweren Tagen an unserer Seite ist, damit auch wir sagen können: „Der da, der versteht mich!“

In der Hoffnung, dass wir uns bald wiedersehen, grüßt Sie herzlich, Ihr Diakon Rudolf Schmitz und wünscht Ihnen einen besinnlichen Karfreitag und Gottes Segen und Schutz in diesen schweren Tagen.

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